*abgesehen vom Fitnessstudio-Abo, das ich im Februar abgeschlossen habe
Es ist wahrscheinlich nur mein Drang, gerne mal das Gegenteil zu sagen von allen anderen, die 2020 verteufeln, es mit einer brennenden Mülltonne gleichsetzen und alles Elend der Welt daran festmachen. Aber ich mache da nicht mit. Erstens, weil wir schlecht beraten sind, erwähntes Elend auf Jahreszahlen zu schieben statt auf menschliches Versagen und zweitens, weil auch dieses Jahr so einiges an Glück bereit hielt.
Die Nachrichten haben wir alle oft genug gehört, gelesen und gesehen in diesem Jahr, ich habe sie in allen Schattierungen erzählt, in alle Richtungen abgefragt und meistens wenn frei war, habe ich ihre Last dann auch gespürt. Aber das hier ist mein Blog… and I cry if I want to. Ich will nur jetzt nicht mitmachen beim ritualisierten Jammern. Denn zur Wahrheit gehört auch: Ich bin gesund, alle die ich kenne auch, sogar die Ü85-Jährigen, ich habe Arbeit, mehr verdient als vergangenes Jahr sogar, und ich habe das große Glück, dass mein Leben scheinbar auch vorher schon sehr lockdownig gewesen zu sein scheint. So sehr, dass sich für mich jetzt nicht wahnsinnig viel geändert hat. Wir sind zuhause, im Garten, am See, im Park… ein bisschen wie immer. Das mag traurig klingen, war aber wie gesagt auch enorm praktisch in diesen zehn Monaten. Ich bin besonders froh, dass der andere Drinnie und ich mit einem Wochenende in Berlin noch seinen Geburtstag feiern konnten, inkl. phantastischem Dinner im Cookies Cream (und Mustafas danach) und dass wir mit einiger Verzögerung unser Gartenhaus bauen konnten. Man könnte auch Datsche sagen – oder Holzhütte. Für mich ist es das ganz große Glück gewesen, die beste Ablenkung und auch wieder eine gute Gelegenheit, mich und meine Grenzen kennenzulernen. Ich bin immer noch das Zeitraffer-Video schuldig, kommt bald, sicher, aber puh, war das anstregend und wow, habe ich mich ab und zu gefragt, was der ganze Quatsch eigentlich soll. Aber dann stand es doch und auch das drumherum ist jetzt (fast) (immer fast) fertig und im Gartenjahr 2021 werden wir tatsächlich nur pflanzen und ernten und nichts bauen, ich bin so froh und auch wahnsinnig stolz und dankbar für so viel Hilfe. Haus bauen, Kirschbaum pflanzen, auch das ist 2020 für mich.
Wir hatten einen malerischen Sommerurlaub daheim – im Garten vor allem statt an der Côte d’Azur, generell viel Familienzeit, die ich mit meinem Nicht-9to5-Job sehr genossen habe, und die Wohnung ist dann vor allem im Herbst noch gemütlicher geworden. Ich nenne es Biedermeier 2.0, kann allerdings seit Juni nicht mehr an meinem Schreibtisch sitzen – nachdem ich dreieinhalb Monate von dort gesendet habe und jetzt sowieso das Schlafzimmer zum Büro für uns alle geworden ist. Wir suchen nach einer Wohnung mit Arbeitszimmer, aber dieses Kapitel gehört eher in die Frust-2020-Abteilung.
Ich neige ja – für alle, die es noch nicht wussten – zum Optimismus. Ich bin damit immer gut gefahren, aber trotzdem nicht geschützt vor Phasen tiefer Verzweiflung. Im April und im Herbst war es zum Beispiel so.. wie aus dem Nichts war die Last zu groß, ich hatte kurz mal ein paar Tage frei, keine Arbeit hat mich abgelenkt und hatte einfach Angst, wohin das alles noch führen soll. Es dauert dann immer eine Weile bei mir, bis ich überhaupt genau weiß, was da los ist, woher die Anspannung kommt und die Dünnhäutigkeit (ist das ein Wort?) (warum nicht?). Alex merkt es schneller, fragt dann zehnmal, was los sei und dann denke ich auch mal genauer drüber nach. Dieses es-nicht-im-Griff-haben, Anxiety nennt man das glaube ich, das ist zum Heulen… ich glaube, wir hatten alle genug davon in diesem Jahr und ab und zu (bei mir ab und zu, bei anderen öfter) zieht es einen da in eine Art Strudel rein, dann bin ich extra viel spazieren gegangen und habe mir versucht zu sagen, dass es okay ist, ganz normal, alles ein bisschen zu viel. Jetzt gerade merke ich wieder was davon, zwei Wochen (fast) frei, Jahresende, da versteckt sich der Optimismus gerne mal. Das ist okay.
Und auch, wenn 2021 nicht auf magische Art und Weise alles wieder gut (war es jemals GUT?) wird: Wir haben uns und wir haben den Impfstoff (sollte der nicht erst im Sommer fertig sein? wie gut ist das bitte?!). Wir haben wahrscheinlich wieder kein Jahr im herkömmlichen Sinne vor uns, aber auch darauf sollten wir uns mal besser einstellen und wenn das alles vorbei ist – gerne auch schon parallel – die kommenden Mammutaufgaben angehen, die uns noch bevorstehen. Nur keine Gartenhausbauvorhaben mehr, das Kapitel ist abgehakt, für immer.
Guten Rutsch und happy new year – ich hab sicher viel zu viel vergessen. Ach, und: ich hab mir übrigens weniger Insta vorgenommen für 2021, haha, und mehr bloggen, hahaha, stay tuned…
Bis dahin hole ich mal ein bisschen was auf und erzähle von meinem popkulturellen Jahr 2020:
Bücher, die ich in diesem Jahr mochte (viele Tage mit Kind = viel Mittagschlaf/Zeit zum Lesen) (viel am iPad übrigens auch, ich konvertiere langsam):
Saša Stanišić “Herkunft”
Thees Uhlmann “Sophia, der Tod und ich”
Celeste Ng “Little Fires Everywhere” (!)
Anna Hope “Expectation”
Amanda Eyre Ward “The Jetsetters”
Tupoka Ogette “Exit Racism” (!)
Kiley Reid “Such a Fun Age”
Christian Berkel “Der Apfelbaum”
Max Scharnigg “Der restliche Sommer”
Sigrid Nunez “The Friend” (!)
Julian Barnes “The Noise of Time”
Daniela Krien “Die Liebe im Ernstfall”
Matt Haig “The Midnight Library”
Sue Monk Kidd “The Secret Life of Bees” (!)
Elizabeth Gilbert “City of Girls” (!)
Martin Suter/ Benjamin von Stuckrad-Barre “Alle sind so ernst geworden”
Serien, die ich gerne gesehen habe (es waren tatsächlich weniger als sonst, ich schiebe es mal auf – siehe oben – viel Familienzeit und viele Waldspaziergänge):
Casual
Killing Eve
Unorthodox
Matrjoschka
Dead to Me
The Marvelous Mrs. Maisel
Selling Sunset
Shrill
The Home Edit
Good Girls
Grace & Frankie
Little Fires Everywhere
The Queen’s Gambit
SNL
The Crown
Musik, die mich begeistert und gerettet hat (albenweise):
Taylor Swift “Folklore” – das Gartenhaus gestrichen, Unkraut gezupft und Auto gefahren – zu diesem Album habe ich alles gemacht dieses Jahr
Fleetwood Mac “Rumors” – vor ein paar Jahren hat mich eine Freundin drauf gebracht und im Sommer hab ich’s wieder rausgekramt, nach dem unvermeidlichen Tiktok natürlich, und es dann nur noch gehört – so warm, tröstlich, optimistisch – kann. nicht. aufhören.
Clara Luciani “Sainte Victoire” – den Song “Grenade” im Frühling entdeckt und was soll ich sagen, dazu lässt es sich wahnsinnig gut Radfahren
Maribou State “Kingdoms in Colour”
Fiona Apple “Fetch the Bolt Cutters”
The Streets “None Of Us Is Getting Out Of This Alive”
Babehaven “Circles” (EP)
Kllo “Maybe We Could”
Doves “The Universal Want”
Eels “Earth to Dora”
Taylor Swift “Evermore”
Tunng “Tunng Presents… DEAD CLUB”
I Like Trains “KOMPROMAT”
Muzz “Covers” (EP)
… und noch was Altes wieder rausgekramt: The Verve “Urban Hymns”
Podcasts, die ich gebingt habe:
zum Informieren… Corona-Virus-Update
zum Wach werden… wach&wichtig (in eigener Sache)
zum Abschalten… A Beautiful Mess
zum Nachdenken… Unlocking Us von Brené Brown
zum Kennenlernen… Hotel Matze
zum Schluchzen… Modern Love