18/04/19

Na, schau mal an! Die Fastezeit ist vorbei, sagt zumindest Google, und nach mehr als 40 Tagen darf ich mir heute wieder Instagram installieren. Ich habe gemischte Gefühle. Die letzten sechs Wochen haben mir gezeigt, dass ich sehr gut aufs Fotos posten und angucken verzichten kann. Ja, ich war dafür mehr bei Twitter und Facebook, aber so viel Zeit, wie mir Instagram täglich stibitzt, habe ich bei beiden nicht verbracht. Der Druck war weg, einerseits selber dauernd was rauszuballern und andererseits das Leben der anderen zu konsumieren. Ich habe kaum jemanden vermisst. Und ich nehme mir eins vor: keine Stories mehr! Abgesehen von einem Automonolog im Stau will ich meinen Alltag nicht mit einem schnellen Foto oder Video hier und da belasten. Das tut auch meiner Familie gut, die so viel mehr von mir hat und dem Fotostream, der so mal wieder durchatmen kann. Man muss nämlich gar nicht alles immer fotografieren – eine wichtige Erkenntnis!

Also, ich bin wieder da – instagram.com/juliefahrenheit – dieses kleine Tagebuch damit geschlossen. Danke fürs Händchen halten!

10/04/19

Ich war im Garten, mehrmals, laufen im langsam grüner werdenden Park, hatte Besuch, habe besucht, in Dresden und in München, war beim Friseur, Käffchen trinken mit diversen lieben Menschen, Elliott hat einige Male süß geschaut und der Balkon ist frühlingsfertig. Und von allem kein Foto, nicht gepostet jedenfalls. Ich halte meinen selbst auferlegten Instagram-Entzug immer noch gut aus, erstaunlich gut, aber jetzt wird’s brenzlig. Die Magnolien blühen! Meine liebste Foto-Zeit, weil parallel auch die Kirschblüten loslegen und beides gegen den blauen Himmel sieht einfach zu gut aus. Also – hier Magnolien:

Magnolien in Leipzig

Liked das jetzt mal wer, bitte?

19/03/19

Ich erinnere mich gerade an die Rüge meiner Chefin bei radioeins, dass es falsch sei, “Ich faste xy.” zu sagen. Sie hat recht, aber ich kriege es so schnell nicht aus meinem Wortschatz raus, fürs Überschrift ändern ist es auch zu spät, ich versuch’s mir aber mal zu merken.

Ansonsten habe ich heute sehr gelacht über diesen Text: DID I MENTION THAT I AM NOT ON SOCIAL MEDIA?

Anyway, Kerry took pictures at the exhibit and, even though she didn’t explicitly say it, I could tell she felt a little inferior taking photos next to me — a non-social media using goddess — since her face dropped a little every time I reminded her there was no way for her to tag me any longer. I took pictures too, but they were just for me (I’m not on social media, so who else would they be for!?). They were also completely in my head, of course, because another perk of deleting social media is getting an AMAZING photographic memory!

Anders als die sympathische Dame im Text, bin ich sehr wohl noch im Netz unterwegs und beobachte – natürlich – einen leichten Anstieg meiner Twitter- und Facebook-Nutzung. Und meines fotografischen Gedächtnisses, of course!

13/03/19

Eine Freundin schreibt mir, sie wisse ja gar nicht mehr, ob ich heute arbeiten würde, in Halle oder Berlin oder frei hätte oder Urlaub und überhaupt: Was ist los bei mir? Ich freue mich über solche Nachfragen, einer der Gründe für mein Fasten war nämlich mein München-Wochenende neulich. Obwohl ich viele meiner dort auf einen Kaffee getroffenen Freunde fast ein Jahr nicht gesehen hatte, wurden mir erstaunlich wenige Fragen gestellt. Vielleicht, weil ich sowieso schon soviel rede, aber auffällig viele Erzählungen meinerseits wurden abgewürgt mit dem Satz “Hab ich gesehen.” Generell mag ich das ja, dass wir über den groben Verlauf des Lebens unserer Freunde Bescheid wissen – neuer Job, neue Stadt, neue Liebe – da kann man im Gespräch ganz anders ansetzen, gleich in die Tiefe gehen, aber die Details würde ich dann schon gern alleine erzählen, also so direkt im Gespräch. Vielleicht geht auch gar nicht alles jeden was an. Und vor allem: Das ist ja noch lange nicht alles, was ich da in den Stories poste. Das sind die Highlights, die Gute-Laune-Momente, Werbung für meine Arbeite, öffentliche Ausschnitte aus einem Alltag mit Auf und Abs und zusamme etwa 20 Prozent meiner Gedanken, schätze ich jetzt mal grob. Dessen sind sich nicht mal meine Medien-Freunde bewusst und – noch ein Punkt – ich habe all diese Infos nur von einer Handvoll ebenfalls Insta-verrückter Freunde, von den anderen höre ich alles im Gespräch oder per SMS oder gar nicht. Irgendwie schief. Und mal weg von den Freunden, wie sehr interessiert es Fremde wirklich, ob ich gerade laufen gehe oder in die Arbeit? (wen das interessiert: alle Termine hier)

Fragen über Fragen, nach einer Woche stellen sich immer nur noch mehr. Und ich vermisse die App noch immer nicht.

12/03/19


Der Starbucks am Leipziger Hauptbahnhof, man muss ihn einfach fotografieren.

Heute fahre ich nach Hamburg, nur für den einen Tag, zum Arbeiten. Das wäre natürlich schön zu teilen und ich schummle eventuell etwas mit Twitter. Die Online-Variante von WordPress übrigens, und darauf läuft mein Blog, ist ein Graus! Das taugt als Alternative nicht.

Zurück aus Hamburg, Twitter blieb aus, ich hab neben der Arbeit, die zu tun war, nur ein paar Bilder gemacht – unter anderem von der Elbphilharmonie, die ich für architektonisch sehr gelungen halt – und die per Whatsapp an Mama und Bruder und zwei Freundinnen verschickt. Ich will nicht lügen, ein gewisses Überlegenheitsgefühl stellt sich ein, wenn man nicht mitmacht beim Dauerposten, zum ersten Mal verstehe ich meine Freundin Claudia, die nicht mal bei Facebook ist. Ich habe nicht das Gefühl etwas zu verpassen. Das hatte ich nicht erwartet.

10/03/19

Dinge, die ich in den letzten Tagen nicht geinstagrammt, nicht mal fotografiert habe: Die dramatischen nach-dem-Gewitter-Wolken über Berlin. Mein trauriges Single-Abendsessen (Forelle, geräuchert, direkt aus der Packung) Die Chicks on Speed in der radio eins-Frauentagsplaylist. Das Interview im Gretchen. Die Friedrichstraße. Die Wolken über der A9 auf der Wochenendheimfahrt. Diverse von Alex gekochte Spitzenabendessen. Den Gugelhupf nach neuem Rezept (soooo gut!). Meine gruselige, aber sehr erfrischende Gesichtsmaske. Das Buch, das ich gerade lese: Robert Seethaler “Der Trafikant”. Den Inhalt der März-My little box. Nina, sich an mich kuschelnd. Elliott mit hungrigem Blick. Die morgendliche Laufrunde durch den Park. Elliott, badend. Unsere neuen Schreibtische mit weggezauberten Kabeln.

Es ist nicht so, dass ich das alles unter normalen Umständen gepostet hätte, aber sicher 50-70 Prozent davon. Ich schreibe mehr SMS, das stelle ich fest, weil so gar nicht teilen ja auch nicht geht, jetzt eben gezielter.

Meine Bildschirmzeit am Telefon verringert sich nur marginal, die eine Stunde kriege ich anders rum, ohne Probleme. Aber ein kleiner Druck ist weg, man kann es auch Zwang nennen. Ich ahne jetzt schon, dass ich Insta-Stories abschaffen muss, jedenfalls die in Fotoform. Was ich komischerweise kaum vermisse: Die Leben der anderen.

 

06/03/19

Es ist 8:20, seit fünf Stunden bin ich wach (jaja, Morgensendung olé) und es gab schon ein paar mal den Phantomgriff, zumindest im Kopf zum Telefon. Schneller Boomerang zum Guten Morgen-Sagen, Foto von Omis Streuselkuchen, den sie mir mitgegeben hat und den ich jetzt frühstücke (so gut!) und mein Lieblingslied in der radio eins-Playlist, mit herz versehen. Das wären sie gewesen die potentiellen Snaps aus meinem Leben. Nach dem kurzen Impuls fehlt mir jetzt aber auch nichts, muss ja auch arbeiten. Was ich aber gerne noch mal nachschauen würde: Wer noch geschrieben hat, dass er/sie mit fastet, das waren gestern schon ein paar. Aber die App ist weg, gelöscht, und im Browser schau ich jetzt auch nicht nach. Selbstbeherrschung und so.

05/03/19

Neulich hat jemand zu mir gesagt, ich sei so digital. Ein bisschen Anerkennung war dabei und auch als wäre ich irgendwie exotisch. Ich bin ja immer ganz überrascht, dass nicht alle stundenlang am Telefon hängen (und daheim dann am Laptop), nicht alle Insta-Stories schauen und posten und liken und stellt Euch vor, manche Leute haben gar keinen Instagram-Account!
Und gleichzeitig erwische ich mich dabei, wie ich erschrecke, wenn die neue Statistik am iPhone mir sagt, dass ich es heute 4,5 Stunden benutzt habe (danke Apple!) und davon eine Stunde allein bei Instagram rumgeklickt habe. So viel Zeit? Gut verbracht? Ja, eigentlich schon. Ich mag Instagram und alle Leute, denen ich folge, ich mag es, an ihren Leben teilzunehmen und mein eigenes zu teilen natürlich auch. Ich merke nur manchmal, wie es mich etwas überfordert. Wie ich ein bisschen zu oft an Menschen denke, die ich gar nicht kenne und an etwas, was sie erzählt haben und was wirklich von null Belang ist und mir irgendwie nur das Hirn vollmüllt. Und wie ich an manchen Tagen den Drang verspüre, noch was in die Story zu posten, damit da was los ist und dafür extra die Laufrunde unterbreche oder mir ne lustige Formulierung überlege, wenn ich doch eigentlich.. ja, was eigentlich tun könnte? Das versuche ich jetzt mal rauszufinden. Was macht mein Kopf ohne Instagram? Wie verbringe ich diese Stunde? Und werde ich es so sehr vermissen, wie ich es mir jetzt vorstelle?

40 Tage Instagram-fasten. Let’s go!

Und weil ich ein mitteilsamer Mensch bin und nun auch nicht nicht drüber reden kann, wie das so ist und wie es mir geht, mache ich es hier, auf meinem Blog, den ich ja – ach ja – auch noch habe. In diesem Jahr habe ich noch nichts gepostet, weil ich einfach keine Zeit habe, aber jetzt wird da ja diese Stunde sein, diese paar Minuten zwischendrin und wenn es einfach nicht auszuhalten ist, dann berichte ich es hier. Ich update also immer mal wieder und schreibe ein kleines Sucht-Tagebuch. 40 Tage lang. Dann sehen wir weiter. So, und jetzt lösche ich die meistgenutzte App von meinem Telefon und werde sicher 5 Minuten später schon versuchen, sie zu öffnen und Phantomschmerzen haben.

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