Nach drei Monaten bin ich in diesem Baby-Ding ja immer noch sehr grün hinter den Ohren. Und ich weiß nicht, ob ich es irgendwann besser beschreiben kann, aber im Moment fehlen mir oft die Worte, wenn ich gefragt werde, wie das denn jetzt sei als Mama. Ich kann es nicht beschreiben, ich kann nur sagen, dass es sich gut anfühlt, ganz tief drinnen, sehr kuschlig, aber auch ein bisschen wie eine tägliche Operation am offenen Herzen, wie ein Leben am Abgrund, weil ich plötzlich etwas so Wertvolles besitze. Und eins habe ich schon gelernt in diesen drei Monaten: Nichts bleibt lange gleich, alles ändert sich, dauernd, alles ist eine Phase. Und das ist für mich das Überraschendste an diesem Kind haben. Sobald ich mich an etwas gewöhnt habe und denke, aha, so funktioniert das also, funktioniert es nicht mehr. Sobald ich denke, ah, schwierig, muss ich mal nachlesen, was man da machen kann, ist es auch schon wieder vorbei. Und trotz dieses dauernden Unruhezustands, habe ich mich lange nicht so ruhig gefühlt.
Ich will nicht angeben (okay, ein bisschen), aber das Leben mit Baby ist nicht soooo wahnsinnig anstrengend, wie es mir Viele vorher weismachen wollten. Ja, da ist jemand, auf den ich den ganzen Tag aufpassen muss, aber erstens macht das sehr viel Spaß und zweitens habe ich ja gerade nichts anderes zu tun (Danke, Elternzeit! Danke, Luxus-Deutschland!). Und ich bin nicht mal mehr unausgeschlafen, denn das Baby (noch mehr Angeberei) hat die Liebe zum Schlaf von seiner Mutter geerbt. Hallelujah! Ich kann noch nicht ganz fassen, wie anders als noch vor einem Monat alles ist. Ich bringe es abends ins Bett, warte noch ein paar Aufwachphasen ab und verlasse dann das Zimmer. Ich verlasse das Zimmer! Und es schläft weiter! Früher (vor einem Monat) wollte sie mich neben sich wissen, wollte alle zwei Stunden trinken und in meinem Arm schlafen, mindestens Händchen halten. Jetzt nicht mehr. Jetzt liegt sie da alleine, eingekuschelt in sich selbst und wenn ich oft genug das Gute-Nacht-Lied gesungen habe, kann ich gehen und nebenan mit dem Mann auf der Couch Händchen halten, wichtige Dinge besprechen oder Jessica Jones schauen. Das ist toll und ich bin sehr stolz auf sie und ihre Schlafgene. Aber… ich ertappe mich dabei, wie ich dann da nebenan sitze und warte, dass sie aufwacht und ich hingehen kann. Braucht sie mich denn gar nicht mehr? Hat sie denn keine Angst im Dunkeln? Soll ich sie nicht mal in den Arm nehmen? Irgendwas stimmt doch da nicht.
Ich kann wirklich nicht sagen, dass die letzten drei Monate schnell vergangen sind, im Gegenteil, es kommt mir lang vor, alleine weil so viel passiert, was mir vorher noch nie passiert ist und sie sich täglich verändert. Aber ich merke, wie ich zu diesem Elternklischee werde, das sich wünscht, die Zeit möge mal kurz stoppen und das Kleine nicht so schnell groß werden. Gerade passte doch noch der süße Bärenstrampler und jetzt soll der schon in die Flohmarktkiste? Gerade waren wir noch den ganzen Tag mit Stillen beschäftigt und jetzt geht das ratzfatz und wir haben viel mehr Zeit zum Quatsch machen. Gerade konnten die Arme nur wild strampeln, jetzt kann sie greifen und an meinen Haaren ziehen. Verrückt! Genau wie der Fakt, dass sie uns dieses Baby überhaupt mit nach Hause gegeben haben, und wir sie behalten dürfen!
Im Hier und Jetzt zu leben, ist also wichtiger denn je und sie zwingt mich fast dazu, dem Klischee dann doch nicht ganz zu verfallen. Weil es irgendwie immer besser wird, sie mittlerweile wie ein knuffiges Baby aussieht, nicht mehr wie das winzige (4kg, haha) und zerbrechliche Neugeborene. Weil sie lacht, als wäre das ganze Leben ein Fotoshooting und jeden Tag niedlicher wird, ich schwör’s! Und Händchen halten wir eben jetzt tagsüber.