Die Flitterwochen als Roadtrip: In zweieinhalb Wochen von Vancouver über San Francisco bis nach Los Angeles. Wir haben viel gesehen, gegessen und uns gefreut – hier einige Details, Fotos, Links und Tipps vom zweiten Teil:
San Francisco
Es ist ein bisschen peinlich, aber unser Urlaubslied war “Magic!” von Rude. Weil ich halt trotz aller Mixtapes am liebsten Radio höre und dieses Lied wirklich oft lief. Solange, bis es mir gefiel. Dabei hasse, HASSE, ich Reggae. Egal, auf jeden Fall fuhren wir Richtung San Francisco und ich hatte die Strecke rausgesucht, die uns direkt über die Golden Gate Brücke führen würde. Wir fuhren auf dem mehrspurigen Highway durch Santa Rosa, Petaluma und San Rafael, gleich müssten wir eigentlich die Brücke sehen, ein Tunnel und direkt dahinter eine Kurve und – BOOM!!! – ein riesiges Tor, der erste Pfeiler der Brücke, vor unserem Auto wie eine Erscheinung, so wahnsinnig groß und so leuchtend rot-orange. Mir schossen sofort die Tränen in die Augen, so überwältigend war dieser Moment und genau da lief wieder das Lied im Radio an. Der Mann war etwas irritiert wegen der Tränen und manövrierte mich zur Ausfahrt, den Berg hoch durch Nebelschwaden bis zu einer Parklücke. Die Tränen ja, ich weiß auch nicht, kleines Ich im großen Kalifornien, wo ich nie war, immer hin wollte und dann schaut alles noch atemberaubender aus als auf den Bildern. Das ist nicht immer so auf dieser Reise, manche Sachen hat man einfach totgesehen auf Fotos oder zu falsche Vorstellungen, aber hier bei dieser Brücke ist es perfekt. Warum eigentlich eine gottverdammte Brücke? Das fragt man sich danach, aber nicht wenn man dort oben steht, am Fort Baker, und auf die Bucht, die Stadt und die Brücke blickt. Es ist sehr windig, wir picknicken im Auto und wir machen sehr viele Fotos. Die Parksituation ist wild, die Serpentinen voller wartender Autos, aber das stört keinen so wirklich, wir sind ja alle zum Glotzen da.
Euphorisch wie ein kleines Kind fuhr ich uns dann auch tatsächlich drüber, es gab Stau, was unangenehm wäre, würde man drüber nachdenken, dass man gerade über eine der längsten Hängebrücken der Welt fährt. Aber eine gute Vorbereitung darauf, dass das mit den Adrenalin nicht nachlässt, auch wenn man die Brücke verlassen hat. Weil: die Straßen von San Francisco – so steil, über 30 Grad Steigung an einigen Stellen und zum Glück fahren hier alle Automatik! Anfahren am Berg bekäme sonst eine ganz neue Bedeutung. So ist es eher wie Achterbahn fahren, wohoo, rauf und runter, vorbei an zuckersüßen Häuserfronten hin zu unserem sehr empfehlenswerten Hotel. Tomo heißt es und gehört zu einer Kette, die auf individuell eingerichtete und gut gelegene Dependancen Wert legen. Das Hotel Tomo liegt in Japan Town, hat Mangas an den Wänden und Sake zur Begrüßung auf dem Zimmer. Es ist das erste Mal auf der Reise, dass wir vier Nächte am Stück an einem Ort bleiben und das tut so gut. Zwar waren wir nur zwei Nächte auf dem Land, aber es fühlte sich viel länger an, wir sind Stadtmenschen, also sehr froh über Zivilisation und Restaurants, die nach 21 Uhr noch offen sind und nicht Pizza Hut heißen. (Hier geht’s zum Roadtrip Teil 1: Vancouver, Seattle, Oregon)
Die folgenden Tage haben wir uns im Prinzip einmal quer durch die Stadt gegessen und getrunken und dabei auch viel gesehen. In San Francisco rumlaufen ist eher wie Workout, weswegen regelmäßige Pausen wichtig sind, genau wie die Verpflegung. Ein bisschen enttäuscht war ich, dass diese typischen Häuser nicht überall stehen. Es gibt ja tatsächlich auch normale und hässliche Gebäude hier, das war irgendwie neu für mich, wenn auch sehr logisch. Wir liefen durchs Castro, entlang am Alamo Square (wo das Full House-Intro gedreht wurde), durch Chinatown, am Fisherman’s Wharf entlang (die Seelöwen sind es fast wert sich durch die Menschenmasse zu quetschen) und durch Telegraph Hill. Wir sind Straßenbahn gefahren, haben eingekauft und viel gegessen, sagte ich das schon? Ich habe übrigens nicht einen Typen mit Google Brille gesehen. Und kein Erdbeben gespürt.
Silicon Valley & Berkeley
Das Verrückte an einem USA-Urlaub ist ja, dass man weder Kirchen noch Paläste besichtigt, sondern stattdessen Drehorte von Lieblingsserien oder andere popkulturelle Heiligkeiten. In diese Kategorie fällt auch unsere Tour durchs Valley, einmal rum um die Bucht durch Palo Alto, wo es sich wirklich schön leben ließe, wenn man auf Kleinstadt und Häuschen im Grünen steht, nach Cupertino, wo unsere Telefone herkommen und wo es einen Company Store gibt mit Apple-Merchandise, als hätten wir davon nicht schon genug zuhause. Weiter nach Berkeley, an den Straßenrändern wirklich dauernd Richtungsschilder für Firmen, die man nur aus dem Internet kennt, was verrückt ist, aber klar, dafür ist das hier ja auch Silicon Valley. Berkeley ist das Ende der Runde, ich habe mir ja immer gewünscht, an so einer Campus-Uni zu studieren, wo man in den Pausen auf satten Wiesen sitzt und die Vorlesungen diskutiert. Andererseits hat meine Ausbildung im 60er Jahre-Uniklotz im Vergleich fast nichts gekostet und das Berkley-T-Shirt ist trotzdem meins, obwohl ich nur fix den Abschluss im Frozen Jogurt-Stapeln gemacht habe. Aber weiß ja keiner.
Zusammenfassend ist San Francisco sehr unterhaltsam, aber ganz leicht überhypt. Es hilft natürlich auch nicht, wenn man es wegen des ähnlich starken europäischen Einflusses dauernd mit New York vergleicht, wer soll da schon gegen ankommen. Und die viktorianischen Häuserfronten sind wirklich allerliebst, hier gibt’s eine Liste mit den schönsten.
Hier waren wir: Schlafen im Tomo Hotel / Kaffee und Avocado-Toast im The Mill / Tacos in der 451 Tacobar / Pizza bei Delfina / Tee in derSamowar Tea Lounge / Eis (Black Sesame & Harvey Milk) im Humphrey Slocombe / bestes Pad Kee Mao der Welt in der Jitlada Thai Cuisine / Mani/Pedi im Silk / Golden Gate Bridge Ausblick vom Fort Baker / Spazieren auf der Dolores Street / Aussichtspunkt Twin Peaks (leider bei uns alles voller Nebel)
Next Stop: Los Angeles