Das Jahr ist zu Ende und ich schaue nochmal, was ich mir für 2019 vorgenommen habe. Oh, nichts. Na dafür lief es doch ganz gut. Ehrlich gesagt zogen große Teile des Jahres sehr schnell an mir vorbei, ich ackerte hier und da durch ohne hochzuschauen, so etwas wie Alltag gab es selten. Was gut ist, weil ich zu viel Alltag nicht mag, das Jahr fühlt sich deswegen voll an, aber auch etwas rastlos. Ich habe viel Zeit auf der A9 verbracht und viele tausend Kilometer zwischen Leipzig und Postdam und Leipzig und Halle zurückgelegt. Endlich bin ich mal wieder ordentlich zum Podcast hören gekommen. Gegossen habe ich auch viel, in diesem trockenen Jahr 2019 (hat es eigentlich irgendwann mal geregnet?), gut für meine Oberarme und unsere Kartoffeln, schlecht für alles, das ich mit der Gießkanne nicht erreichen konnte.

Das Jahr ist zu Ende und wenn ich einen Euro für jede Frage bekommen hätte, wie ich das denn machen würde mit Kind und dem wochenweisen Pendeln, dann hätte ich mein Benzingeld schon wieder drin. Auch abgewandelt als: ‘Wie schaffst du das?’ Meine Antwort fiel immer recht knapp aus. Organisieren, einfach machen und – wer hätte das gedacht – das Kind hat einen Vater! Einen, mit dem ich einen sehr guten Fang gemacht habe, denn er steht auf dieses Gleichberechtigungsding, von dem immer alle reden. In die Haare kriegen wir uns eigentlich nur, wenn ich daheim zu sehr den Macho raushängen lasse, ich tendiere dazu, ansonsten funktioniert das alles ganz ausgezeichnet. Wir teilen uns die Kinder auf, ich nehme den Hund ein paar Tage mit nach Potsdam, er hat einen Job, vor und nach dem er zur Kita fahren kann und als ich einen Babysittter vorschlug, ab und zu, da hat er gesagt: Nein, das machen wir schon alleine. Ich liebe ihn! Ich liebe dich, hörst du! Danke, dass du DU bist und mich mich sein lässt und danke, dass du mir diese Frage nie gestellt hast: Wie willst du das machen, mit Kind? Sondern gesagt hast: Dann muss ich eben anders arbeiten, das kriegen wir hin. Ich weiß gar nicht, ob ich oft genug sage, wie saucool ich das finde!

Das Jahr ist zu Ende und ich hab mich mit meiner Work Wife noch besser eingearbeitet. Wir verbringen so viele Morgen miteinander, ab und zu schlecht gelaunt (ich), immer top motiviert (Kerstin). Mit jeder Sendung macht es mehr Spaß und ich würde SO GERNE zurückreisen und meinem 20-Jährigen Ich, das zum ersten Mal radio eins hört und sofort schockverliebt ist, erzählen, dass ich diesen Job jetzt habe! Ja, ich muss viel zu oft zu früh aufstehen, aber dann bin ich eben jetzt Frühaufsteherin, mein Gott. Dafür will ich nichts lieber machen als das, bekomme auch noch Geld dafür und von wichtigen Menschen erzählt, dass sie uns früh in der Badewanne (okay) hören. Wir waren beim Radiopreis, mein Herz schlug so schnell wie niemals zuvor und den Tag drauf hab ich mich mehrmals übergeben müssen (arme Kerstin), es ist halt alles etwas viel manchmal. Ich will ein paar Danke-Karten schreiben im neuen Jahr (mein Januar-Experiment) und meine Mutter hat neulich gesagt, ich solle mich zuallererst bei mir selbst bedanken, dass ich das alles so gut hingekriegt habe. Als hätte ich das planen können, als wäre ich so gut! Aber danke, Muddi :*

Das Jahr ist zu Ende und mir fehlen manchmal die Worte, was blöd ist, wenn man was mit Worten arbeitet. Ich habe viel zu oft das Gefühl, mir zu sehr zu überlegen müssen, was ich sagen kann, wo ich Stellung beziehen darf und wo ich objektiv bleiben muss. Ich würde gern öfter schreien: ‘Das ist doch alles nicht Euer Ernst!’ und ich habe immer noch nicht rausgefunden, was zum Teufel wir gegen den Hass, die Falschinformationen und die Deppen machen können. Gute Arbeit, klar, aber – und das nehme ich mir vor – einfach weniger über die Deppen reden, das könnte auch eine Möglichkeit sein. 20 Prozent der Wähler und 100 Prozent der Aufmerksamkeit, ich bin es leid und werde mir im neuen Jahr zuallererst mal weniger Kommentare bei Facebook und Twitter durchlesen. Ich habe nämlich gemerkt, dass das abfärbt, sich irgendwann diese Sätze in meine Gedanken schleichen, obwohl ich sie mir niemals merken wollte. Ich will mich nicht mehr vergiften lassen, aber – und das ist wichtig – ich lasse mir und uns auch nichts mehr gefallen. Wenn jemand Stuss redet, muss ich das sagen, egal bei welchem Sender, sonst löschen wir irgendwann alle unsere auch nur halbwegs angreifbaren Moderationen und Statements und dann macht es ja wirklich gar keinen Spaß mehr. Ich hab Diskriminierung erlebt in diesem Jahr und mich gewehrt und das hat sich so, SO gut angefühlt und wenn es nur einer Frau nach mir nützt und sich nur ein paar mehr Frauen zusammentun, dann umso besser. Ach, und ich habe geklagt und gewonnen und viele Ex-Kollegen haben was davon und wenn das nicht gut fürs Karma ist, dann weiß ich aber auch nicht!

Das Jahr ist zu Ende und meine Liste für das nächste ist schonwieder recht lang. Irgendwann zwischendrin dachte ich mal, huch, jetzt sind wohl alle Wünsche erfüllt, jetzt bin ich da, wo ich immer hinwollte, hab die um mich, die ich mir immer gewünscht habe und das ist ja jetzt auch ein interessanter Zustand, einfach so wunschlos glücklich zu sein. Dann sagte meine Freundin Katharina, sie sei sich sicher, da würde mir schon bald was einfallen und weil sie mich manchmal besser kennt als ich mich selbst, behielt sie recht. Ich möchte in diesem neuen Jahr weiter das genießen, was da ist, so wie ich es schon 2019 angefangen habe und ich will ein paar Sachen probieren – Brot backen zum Beispiel, ein Gartenhaus bauen und mir zum Geburtstag vielleicht ein neues Tattoo schenken. Ich will endlich Blut spenden gehen, so viel Sport machen wie gerade im Dezember (ich hab mit den guten Vorsätzen einfach schon nen Monat eher angefangen und es stellte sich als echt gute Idee heraus) und mehr handyfreie Zeit einplanen. Ich habe mir ein neues, leeres Notizbuch gekauft, da steht die To-Do-Liste drin und da ist noch viel Platz für gute und dumme Ideen, handyfreie Zeit und so.

Das Jahr ist zu Ende und ich will eigentlich nur, dass alles so weiter geht. Dass meine Familie glücklich ist, auch – oder gerade weil? – ich manchmal nicht da bin, dass alle gesund bleiben (ich hab so Angst vor Hiobsbotschaften) und dass ich ein paar Punkte meiner To-Do-Liste abarbeiten kann. Ich freu mich darauf, immer besser zu werden und nehme mir vor, lieb zu mir zu sein, wenn das nicht immer klappt. Und zu allen um mich herum. Ich hoffe, wir kriegen das mit dem Gartenhaus hin und freu mich auf den ersten Drink auf der Terrasse mit Blick auf sprießende Karotten und blühende Cosmea. Ich freue mich auf uns alle zusammen und die Fotos, die wir uns schicken, wenn wir getrennt sind, auf Überraschungen, Ausflüge und einfach nur sein. Und gesund bleiben, ich sag’s nochmal, weil ich seit ich Mutter bin, diese Angst habe, es könnte einem von uns etwas passieren. (Dank dieses Buches hab ich gelernt, dass das Quatsch ist und versuche es mir zu merken) Ich freue mich auf einen richtig langen gemeinsamen Urlaub, den hatten wir lange nicht, irgendwo an einem See oder Meer, ohne fliegen aber, damit Elliott mitkommen kann.

Das Jahr ist zu Ende und der Hund liegt mir zu Füßen, wir sind allein in unserer Potsdamer WG und verbringen den Jahreswechsel zusammen, zum ersten Mal bin ich ohne auch nur einen Menschen um mich rum, wenn es Mitternacht schlägt. Morgen übernehme ich die ganz frühe Schicht drüben beim Traumjob und kann die Lieben erst am Mittag herzen. Ein bisschen ist es geplant, weil ich hoffe, die Böllerei fällt im beschaulichen Potsdam etwas leiser und kürzer aus als im wilden Leipzig. Ich muss noch Ohropax kaufen (für mich) und Kaustangen (für ihn), dann werden wir spazieren gehen bevor es knallt, einen Film schauen, Trüffelpasta essen (ich) und dann versuchen zu schlafen. Sekt ist auch da, es muss sich also wirklich keiner um mich sorgen. Mir geht’s gut, richtig gut sogar. Auf ins neue Abenteuer!

 

Hier gibt es die Rückblicke von 2010, 2011, 2012, 2013, 201420152016, 2017 und 2018

 

Und weil es letztes Jahr so Spaß gemacht hat – und ich mein Gedächtnis auch immer wieder auffrischen muss:

Meine Bücher des Jahres: “Maybe You Should Talk to Someone” von Lori Gottlieb, “Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen” von Axel Hacke, “Der Trafikant” von Robert Seethaler und “Heartburn” von Nora Ephron (Affiliate Links)

Meine Podcasts des Jahres: “Paardiologie”, “Vier Tage Angst”, “Lage der Nation”, “Forever 35”, “Hotel Matze”, “A Beuatiful Mess”

Meine Serien des Jahres: Russian Doll, Morning Show, The Crown, The Handmaids Tale, Will & Grace

Meine Songs des Jahres: hier

und alle Fotos von oben (bisschen schief, ich weiß) in groß und zum weiter verfolgen: instagram.com/juliefahrenheit

 

 

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