Meine liebe Nina,

vor drei Jahren habe ich dir den ersten Brief geschrieben. Der Grund war damals auch, dass ich dir zwar viel erzählen konnte – und das auch tat -, du aber noch nicht viel davon verstehen würdest. Im Nachhinein habe ich diese Briefe zu deiner Geburt und den halben und vollen Geburtstagen vor allem für mich verfasst, weil dieses Muttersein so überwältigend ist, dass es gut tut, die Gedanken ab und an mal zu sortieren. (Und natürlich plane ich, alle Briefe auszudrucken und dich später zum Lesen zu zwingen.) Nun ist es aber plötzlich so, dass du groß bist, also so richtig, mit Unterhaltungen und Vernunft, ab und zu, und eigenen Gedanken. Ich könnte dir diesen Brief zu deinem dritten Geburtstag wahrscheinlich vorlesen und du würdest zuhören und nachhaken und zu dies und jenem auch noch was erzählen. Ich bin täglich absolut verzaubert von dieser neuen Nina, die immer noch mein Baby ist, klar, für immer sein wird, aber innerhalb unserer Familie eine ganz neue Rolle eingenommen hat – die einer klugen Gesprächspartnerin, lustigen Quatschmacherin und ideenreicher Mitbewohnerin. Unsere Aufgaben als Eltern haben sich gewandelt, sie sind weniger körperlich geworden, das meiste kannst du ganz gut allein. Jetzt sind wir eher Fragenbeantworter, Erklärer, Diskussionspartner und manchmal auch Spielverderber. Neulich sind wir zwei Stunden Auto gefahren und haben uns die ganze Zeit unterhalten, unter anderem hattest du mich gefragt, ob ich Spinnen mag und wo Kälber schlafen, dann haben wir “Ich sehe was, was du nicht siehst” gespielt und unser neu ausgedachtes Spiel “Schnipp Schnapp”. Ich kann es jedes Mal nicht so richtig fassen, wie du dich – gefühlt – auf einmal ausdrücken kannst, die deutsche Grammatik rockst und deinen eigenen Wortwitz findest. Und es ist nicht nur das Reden. Alles an dir ist bewusster und absichtsvoller. Wenn du dich freust, dann nicht nur, weil du unsere Freude spiegelst, jetzt kommt es ganz tief aus dir heraus. Wie neulich, als du zwei Tage bei deiner Omi warst und wir uns dann wieder sahen und du mich so anlachtest, dass mir das Herz fast aus der Brust sprang. Du lernst dich und deine Emotionen kennen, kämpfst manchmal mit ihnen und kannst manche Dinge schon so gut einordnen, dass ich mir für deine Zukunft wirklich keinerlei Sorgen mache. Du hast diese natürliche Coolness, schon immer, die jeden um dich herum wie nebenbei um deinen Finger wickelt, machst mühelos Smalltalk und sagst Leuten auf der Straße, sie sollten doch nicht so böse schauen. Und nicht auf dem Fußweg radfahren, da bist du zu Recht sehr streng. Du singst eigentlich immer, bist gern mal ein bisschen für dich und das sind nur zwei Dinge von vielen, in denen wir uns alle so ähnlich sind. Wir sind ein gutes Team, zu dritt oder in den jeweiligen Zweierkonstellationen und auch wenn ich manchmal traurig bin, wenn du Papa zum Vorlesen aussuchst, höre ich dann heimlich den Janosch-Geschichten mit zu und sehe, wie ihr da auf dem Teppich sitzt, Kopf an Kopf und bin glücklich, so sehr. Wie verliebt wir in dich sind, das merkst du hoffentlich in jedem Moment, den wir zusammen sind. Wie oft wir darüber reden, dass du ja wohl die Coolste bist und uns abends austauschen über all die Dinge, die du gesagt und getan hast,.. wie verliebte Teenager! Auch wenn ich hier und da die Nerven verliere, schimpfe oder keine Zeit habe. Ich merke das und ich will niemals nachtragend mit dir sein und generell natürlich weniger genervt und gehetzt. Ich arbeite an mir und hoffe, du merkst, dass ich meine Entschuldigungen jedes Mal ernst meine. Danke, dass du so herzenslieb bist, dass du es uns so leicht machst und danke für deine festen Umarmungen, Eskimoküsse und Pflaster, wenn wir uns weh tun. Ich weiß schon, dass man sich als Eltern nicht mit Freunden verwechseln soll, aber ich will dir immer auf Augenhöhe begegnen und immer immer immer Verständnis haben, zuhören, nicht werten und da sein. Danke, dass du mit meinen wilden Arbeitszeiten klarkommst und immer für einen Ausflug bereit bist. Ich bin so unglaublich stolz auf dich und ich liebe dich, bis zum Mond und zurück. Du bist die Beste und wenn ich dir das vorlese, wirst du an dieser Stelle sagen “Nein, DU bist die Beste!” und spätestens jetzt werde ich weinen. Es ist so schön mit dir! Wachse immer weiter mein Schatz, nimm dir Zeit, stelle alle Fragen und sag uns immer, was du brauchst. Wir geben alles!

Deine Mama

 

-> Briefe an Nina zur Geburt, mit sechs Monateneinem Jahr, anderthalb Jahren und zwei

Die Illustration ist von Jane Massey, ihr gesamter Insta-Feed sieht aus wie das Leben meiner Tochter!

Comments

comments

// Comments Off on 3