Ich habe mir fürs neue Jahr vorgenommen, jeden Tag Yoga zu machen, unter anderem weil ich dringend mehr koordinierte Bewegung und Entspannung brauche. Und weil ich immer ein bisschen anfällig für esoterische Lebensweisheiten und Denkanstöße bin. Jetzt lese ich also ein von Gwyneth Paltrow empfohlenes Buch über die Kraft der Gedanken und stehe täglich auf meiner Matte. Was man halt so macht, mit fast 35.
Heute, nach 31 Tagen geht es mir sehr gut. Das war der einfachste Neujahrsvorsatz, den ich mir jemals gesetzt habe und so wie es heute ausschaut, mache ich weiter und die 365 voll! Yoga, jeden Tag. Es war nicht immer so leicht, gerade die ersten zwei Wochen liefen nicht so glatt wie erhofft. Hier mein Bericht über die Auf uns Abs und warum ich mittendrin einfach mal den (Heim-)Trainer gewechselt habe:
Woche 1
Immer, wenn ich etwas anfange, bin ich voll motiviert und diszipliniert. Es fällt mir erstmal nicht schwer, das durchzuhalten, was ich mir vorgenommen habe. Aber schon bald wird sich zeigen, ob ich es auch von selbst weitermachen will oder ob die Disziplin er einzige Antrieb ist. Ich rolle also jeden Tag meine Matte aus und turne die Übungen nach, die mir die App “Pocket Yoga”, die ich bisher gelegentlich und immer gerne benutzt habe, anzeigt. Statt eines Trainers gibt es Illustrationen der Übungen. Es ist alles eher technisch, was mich nicht stört, genauso wenig wie Kind und Hund, die abwechselnd unter mir durchkriechen, an mir ziehen und sich mit auf die Matte legen. Ich ziehe es durch und fühle mich nach der halben Stunde jedes Mal ganz gut, bin aber auch froh, dass es rum ist. Ich habe in dieser Woche einen Fehltag.
Woche 2
Die erste Euphorie ist weg, ich lasse einen Tag ausfallen, mache den Rest aber trotzdem weiter. Weil ich es mir vorgenommen habe, weil ich nicht aufgeben will, bevor ich nicht wenigstens mal eine Veränderung bemerke. Meine Schultern tun weh vom ewigen Downward Facing Dog, diese blöde App kennt kaum eine andere Figur und auch wenn es verschiedene Übungsabläufe gibt, ist das alles fast unerträglich monoton und entspannt mich selten. Ich habe ab und zu Muskelkater, was sich gut anfühlt, aber Yoga sollte doch etwas mehr sein, oder?
Woche 3
Ich habe die Nase voll von der App, zum Glück nicht vom Yoga, und probiere eine andere aus. Auch die (Asana Rebel) ist nicht wirklich gut, es gibt zwar richtige Menschen, die mir zeigen, was ich machen soll, aber alles wirkt lieblos und irgendwie genauso kalt und technisch, die Trainerin nuschelt, so wird das nichts! Ich klicke mich ein bisschen durch und lande bei Yoga with Adriene, einer Empfehlung von meiner Freundin Annika. Die Videos sind kostenlos bei Youtube oder auf ihrem Blog abrufbar und passend zu meinem Vorhaben bietet sie die 31-Tage-Yoga-Revolution an – jeden Tag gibt es ein neues, auf den Vortag aufbauendes Video, dazu wenn man mag eine Email. Und Adriene ist meine Rettung! Schon das erste Video ist genau so, wie ich es mir gewünscht habe, denn zu den Übungen gibt es eine angenehme Portion Meditation und Achtsamkeit. Alex verdreht zwar ab und zu die Augen, wenn er es im Vorbeigehen hört, aber ich mag es, hier nicht nur zu turnen, sondern auch etwas runterzukommen, abzuschalten, meine Muskeln zu fühlen und endlich mal zu lernen, wie man leichtfüßig von einer Pose in die nächste fließt. Adriene sagt, dass wir Yoga nicht machen, sondern erleben und dass wir uns hier bitte nicht durch die 30 Minuten kämpfen und uns dann freuen, wenn es geschafft ist, sondern, dass wir diese 30 Minuten genießen. Ich höre auf sie und rolle die Matte jetzt immer Punkt 19 Uhr aus, wenn das Kind im Bett und der Hund gefüttert ist. Ich habe meine Ruhe und genieße die Übungen und ENDLICH kicken die letzten 17 Tage so richtig. Ich weiß nicht, ob es am Durchhalten oder an Adriene liegt, aber ich laufe federnd durch den Tag, spüre meine Sehnen und Muskeln, wenn ich Treppen steige, einfach zur U-Bahn laufe oder mich auf meinen Bürostuhl setze. Es ist ein ganz neues Lebensgefühl. (So muss das sein, wenn man sportlich ist – oder sehr körperbewusst!) Ich bin motivierter als am Anfang und schaffe es beim Downward Facing Dog, der hier nicht mehr so exzessiv geübt wird, schon fast mit den Fersen bis ganz unten. Ich bin jetzt zwar mitten im Monat erst am Anfang des 31-Tage-Programms, aber hey, so habe ich mehr davon. Kein Ausfalltag.
Woche 4
… und ich mag Adriene noch immer. Wenn die Muskeln zittern vor Anstrengung, sagt sie Dinge wie “Oh, to be alive today!”, zwischen esoterisch angehauchten Anweisungen (“Cover yourself in a blanket of self love!”) macht sie dumme Witzchen über Arschbacken und zitiert dauernd 90er-Jahre-Pop. Nach drei Tagen hätte ich sie gerne zur Freundin, nach fünf gehört sie zur Familie und nach neun Tagen würde ich ihr in einen Ashram nach Texas folgen, weißes Gewand inklusive. Sie macht das einfach so verdammt gut. Meine Muskeln sind trainiert, aber mein Kopf eben auch und das ist doch der Grund, warum sich Yoga am Ende so lohnt, oder? Das Leben fühlt sich leichter an und ich würde jetzt nicht sagen, dass ich’s vorher besonders schwer hatte. Ich mache meine Übungen immernoch abends, mit viel Zeit und ab und zu einem Kissen unter den Knien, weil sie mir sonst weh tun. Ich habe ein viel besseres Körpergefühl, bin NOCH optimistischer und lebenbejahender (wird’s langsam anstrengend?) und ja, auch das mit der bedingungslosen Selbstliebe bekomme ich vielleicht irgendwann hin. Ich habe das Gefühl, etwa fünf Zentimeter gewachsen zu sein vom vielen Strecken und Dehnen. Auch innerlich. Aber ich will dieses Emoding jetzt auch nicht überreizen. Ich kann nur jedem raten: Tu es! Kein Ausfalltag.
Und wie geht es jetzt weiter? Ich mache erstmal das 31-Tage-Programm zu Ende, klicke mich dann durch die vielen Youtube-Videos und wenn ich dann immernoch so begeistert bin, ziehe ich entweder direkt nach Texas oder abonniere Adriennes App. Dieses Zuhause Turnen kann ich in jedem Fall nur empfehlen, es spart Zeit, Geld und man kriegt die besten Lehrer der Welt direkt vor die Nase gesetzt.
Namaste.