Fünf Tage Stockholm Mitte August. Da wir hier vom August 2016 sprechen, fühlt es sich fast herbstlich an, und auch wenn wir nicht einmal Köttbullar gegessen haben, sind wir ein bisschen schwedischer zurückgekommen. Fotos und ein paar Tipps für ein langes Wochenende (mit Baby oder ohne):
Diese Familie liebt Städteurlaub. Nirgendwo sonst kann man so viel auf so wenig Platz in so kurzer Zeit entdecken. Vier Tage reichen, um in eine ganze neue Welt einzutauchen, alles aufzusaugen, Läden leer zu kaufen und sich durch die regionale Küche zu kosten. Museen, Parks, einfach Straßen – es ist alles interessant und trotzdem hat man direkt das Gefühl, ein Teil des Ganzen zu sein. Wir haben uns vorgenommen, dass sich unser Leben auch mit Kind nicht großartig ändern soll. Immerhin waren unsere Urlaube bisher alles andere als extrem und mit ein paar kleinen Kompromissen hier und da, geht alles auch mit einem Passagier mehr an Board.
Wir hatten lange überlegt, wo dieser erste Familienurlaub hingehen sollte. Da es nur im August ging, fielen Rom, Barcelona etc. schonmal weg, weil 40 Grad einfach zu viel sind. Wir waren noch niemals in New York Skandinavien und hatten nur Gutes von Stockholm gehört, überhaupt dieser ganze Schwedenhype, da mussten wir mal rausfinden, was da dran ist. Im Nachhinein hätten wir in diesem sehr durchwachsenen Sommer 2016 locker in den Süden fliegen können, dort war es nämlich gar nicht heiß, sondern sehr angenehm und in Stockholm eher schon herbstlich mit 18-20 Grad. Aber hey, wer weiß das schon vorher und Rom läuft uns ja auch nicht weg. Also habe ich nicht weiter über die unglaublich hohen Flugpreise nachgedacht (über 300 Euro p.P., viel billiger ist es ab Berlin, hach), mir das obligatorische “Ein Wochenende in…”-Buch gekauft (nicht empfehlenswert) und die Blogs nach Tipps angegrast. Bei Abflug war meine Google Map mit Sternen übersäht (sieht man das im Link?) und die Vorfreude riesengroß. Ich lebe ja fürs Planen und Vorfreuen, natürlich auch fürs tatsächliche Dasein, aber Urlaub fängt immer schon beim Flüge buchen an und hört irgendwie erst beim Einkleben ins Fotoalbum (haha, okay, bloggen) auf.
Manchmal denke ich aber auch, das zu viel Vorplanen und Reiseberichte lesen die Erwartungen zu sehr hochschraubt. Stockholm ist wunderschön, aber es ist nicht die beste Stadt, in der ich jemals war, wenn man das überhaupt so kann, Städte vergleichen. Tendieren alle dazu, ihre Berichte zu positiv zu schreiben oder ist meine Vorfreude einfach zu groß, um dann angemessen erfüllt zu werden? Ich weiß es nicht, aber in Stockholm dachte ich mir oft: “Ja, gut hier, aber irgendwie sieht es jetzt auch nicht so viel anders aus als in München.” Stockholm ist eine ganz normale Stadt mit ganz normalen Menschen und das hat mich etwas enttäuscht. London zum Beispiel ist anders, sieht anders aus und fühlt sich anders an, Krakau auch, Paris sowieso. Stockholm ist irgendwie vertraut, was in keinster Weise schlecht ist, aber darauf, finde ich, sollte man vorbereitet sein. Abgesehen davon kann man hier natürlich Dinge erleben, die es zuhause nicht gibt und allein deswegen hat sich die Reise dann doch gelohnt. So wie es sich auch lohnen würde, mal ein Wochenende in, sagen wir, Augsburg zu verbringen. Neu ist das alles ja trotzdem und mir und Alex macht es immer großen Spaß, eine neue Stadt kennen zu lernen, eigene Wege zu finden, in den Supermarkt zu gehen und einfach in Cafés rumzusitzen und uns umzuschauen.
Eis und Kuchen an jeder Ecke – solche Städte mag ich am liebsten
Fünf Tage waren ideal, vier hätten sogar auch gereicht, aber An- und Abreise fressen ja doch immer ein paar Stunden. Wir sind früh morgens hingeflogen und abends zurück, Donnerstag bis Montag. Wir haben fast alles untergebracht, was wir uns vorgenommen haben und konnten zwischendrin auch wunderbar schlendern. Wir sind sehr viel gelaufen und haben uns oft gewundert, wie bergig eine Stadt am Meer eigentlich sein kann. Wir sind mit dem Boot durch die Schären getuckert, waren skandinavisch einkaufen (viel für mich, noch mehr fürs Baby), haben einen Regentag im Museum verbracht, unzählige Zimtschnecken gegessen, im Park rumgelegen und unterwegs viel geredet und geknutscht. Das ist mir ja immer das Liebste im Urlaub, die viele gemeinsame Zeit, ganz egal wo. Das Baby war zu der Zeit knapp zehn Monate und saß noch recht gerne im Kinderwagen. Ein paar Wochen später und das viele Laufen wäre schwierig geworden, weil es sich jetzt eben doch sehr viel lieber krabbelnd bewegt. Aber es klappte gut, wir konnten stundenlang laufen und pausierten dann auch jedes Mal etwas länger, unsere Picknickdecke lag auf Rasen, Beton und Pflastersteinen. Auf dem Boot war der Ergobaby perfekt und unterwegs essen war dank 7Eleven-Mikrowellen an jeder Straßenecke kein Problem.
großes “Ferien auf Saltkrokan”-Feeling beim Bootfahren durch die Schären (und immer nur schlechte Selfie-Bilder von mir)
Schweden ist familienfreundlich, das ist kein Klischee. Noch nie habe ich so viele Männer mit Kinderwagen gesehen, ja irgendwann hat bei uns auch immer Alex geschoben, weil wir sonst wahrscheinlich als Touristen aufgefallen wären. Nirgendwo haben wir gestört, an keiner Stelle waren wir mit Baby unwillkommen. (Das passiert mir allerdings auch zuhause seltener als erwartet.) Die Babysachen sind hier sehr viel schöner, weswegen wir die komplette Herbstgarderobe bei KappAhl, Lindex und Åhléns eingekauft haben. Die besten Geschäfte für mich lagen praktischerweise auf dem Weg zwischen Innenstadt und Hotel (ansonsten U-Bahn Slussen aussteigen) und nochmal in der Innenstadt direkt (U-Bahn Hötorget). Details gibt es auf der Google Karte (nochmal: Funktioniert das? Sieht man die Sterne?) oder weiter unten.
Im Naturkundemuseum gibt es nicht nur die besten Elche und Schmetterlinge, sondern auch sehr rücksichtsvolle (und niedliche) Toilettenbeschilderung
Ebenfalls kein Klischee: Überall gibt es Zimtschnecken und die beste Gummitierauswahl, die wir jemals gesehen haben. Wer viel läuft, darf auch viel essen, was vor allem im Hotelrestaurant, einem neuen Mexikaner, sehr gut ging. Ja, wir hätten schon lieber im AirBnB geschlafen, aber wir wollten nicht jeden Abend ab Sieben in der Wohnung hocken, sondern wenigstens ein bisschen ausgehen, was dank Babyphone und Superschläferkind sehr gut funktioniert hat. Wir aßen, tranken, saßen danach lesend in der Lobby und konnten unser Glück kaum fassen. Urlaub ist einfach das Beste. Danke, Stockholm!
Alle harten Fakten für fünf Tage in Stockholm:
geflogen: mit Lufthansa (ab München wahnsinnig teuer, aber direkt und mit Baby, das für nur 10% des Preises fliegt, wirklich der beste Service) / geschlafen: Clarion Hotel in Södermalm / gegessen: Zimtschnecken bei Fabrique (überall in der Stadt), mexikanisch bei Eatery Social (in unserem Hotel, aber auch für Nicht-Gäste), Sandwiches im Urban Deli bzw. im Nytorget-Park gegenüber, Bier getrunken und die Aussicht genossen auf den Mosebacke Terassen, an den Marktständen gekostet in Östermalms Saluhall / gesehen: / gefahren: Boot mit Strömma / eingekauft: schönen Schnickschnack bei Grandpa, einen Kindergartenrucksack bei Naturkompaniet, schwedische Mode bei Weekday, Gina Trikot, Monki (alle auf Götgatan), schöne Dinge für Daheim bei Granit, Kindergeschirr und Spielzeug bei Bla Gungan, … und eigentlich überall in der Stadt verteilt
Merke: in Stockholm hält schlechtes Wetter nicht sehr lang, zumindest nicht im August, und für den nächsten Urlaub bekommt der beste Mann der Welt den Auftrag, mich auch mal zurück zu fotografieren
Ach, fast vergessen, das einzig doofe an Städteurlauben ist, dass Elliott meistens zuhause bleiben muss. Er fliegt nicht so gern und macht deswegen in der Zeit immer Ferien auf dem Land oder lädt die Hundesitter zu uns nach Hause ein. Selbstverständlich haben wir ihm etwas mitgebracht, schwedische Hundeleckerli, mit Fisch.