Ich denke gerade viel über zuhause nach. Vielleicht, weil ich ab und zu mal nach einer größeren Wohnung für uns schaue (und jedes mal erschrocken abbreche). Vielleicht auch, weil mir bewusst wird, dass das, was für den Mann und mich die gemütliche Höhle ist, für unser Kind das erste Zuhause ist. Wichtig, prägend, auch wenn sie sich später wahrscheinlich an diese, ihre erste Wohnung nicht erinnern wird.
Ich schaue mich also gerade öfter hier um und frage mich (ein bisschen Marie Kondo-mäßig) “Macht das glücklich?”, “Muss das hier stehen?”, “Ist das schön/nützlich/notwendig?”. Ich sehe mein Zuhause mit neuen Augen, bin größtenteils zufrieden und frage mich: Was macht eine Wohnung zu einem Zuhause? Ich meine, es ist doch verrückt, wie wir uns für dieses Stückchen Haus entscheiden und uns darin einnisten. 65 Quadratmeter, die eine Tür weiter ganz anders aussehen. Wände, zwischen denen wir uns sicher und beschützt fühlen und die uns gar nicht gehören. Müssen sie auch nicht, für mich jedenfalls, wichtig für das Zuhause-Gefühl sind ganz andere Dinge:
- Mit wem ich es teile. Kitschig, aber: Home is wherever I’m with you. And you. And you!
- Farben. Nichts gegen weiße Wände, aber für daheim sind sie mir zu steril. Die Zeiten, in denen ich knallrote Farbe dran gepinselt habe, sind zwar vorbei, aber wenn ich mich hier so umschaue, ist nur das Badezimmer und die Decken weiß getüncht. Im Rest der Wohnung gibt es viel helles Grau, im Schlafzimmer sogar sehr dunkles Blaugrün. Ich bin so froh, dass wir beim Einzug so mutig waren, es gefällt mir nämlich nach fünf Jahren immer noch so gut!
- Meins. Viel von Ikea? Na und? Mehr als andere will ich mit meinem Zuhause mich selbst beeindrucken, sprich mich wohlfühlen. Und wenn das im Moment ikea-budgetmäßig am besten klappt, dann ist das eben so. Später ist vielleicht mal mehr Kohle da, und wenn nicht, auch okay.
- Bücher. Ich habe mich vor Jahren von meinen CDs getrennt und nie zurück geschaut, digital ist besser. Aber Plattenspieler und Bücherregal bleiben, wo sie sind. Gerne schleppe ich alles in die nächste Wohnung, um dann wieder alles alphabetisch sortiert ins Regal zu stellen und bei Gelegenheit drüber zu streicheln, zu verborgen, nochmal zu lesen oder einfach nur die Qualitäten eines Bücherregals als Inneneinrichtungsgegenstand zu schätzen.
- Kunst. Früher waren es Poster und Fotos, heute hänge ich mir lieber einen schönen Druck an die Wand oder packe das Poster zumindest in einen Rahmen, das macht gleich viel mehr her.
- Ecken. Der Hund hat sein Kissen, der Mann seine Kuhle im Sofa und ich meinen Schreibtisch. Jeder hat seinen Lieblingsplatz und eine Ecke zum zurückziehen, auch wenn die Wohnung klein ist und wir uns von unseren Posten aus zuwinken können. Das Baby ist gerade noch am liebsten da, wo wir sind, es wären aber noch ein paar Ecken frei.
- Klein ist okay. Was für ein Segen, dass wir damals von Leipzig nach München mit dem Umweg über New York gezogen sind. Im Vergleich zu dem Zimmer, das der Mann und ich uns dort geteilt haben, ist unsere für Leipziger Verhältnisse winzige Wohnung hier ein Palast. Mehrere Zimmer! Balkon! Mit eigener Waschmaschine! Lucky us!
- Kram. Über die Jahre habe ich bei meinen nicht wenigen Umzügen Dinge mitgeschleppt, über die ich im Nachhinein den Kopf schüttle. Alte Zeitschriften-Ausrisse, Geburtstagskarten und Klamotten, die nur sentimentalen Wert hatten. Zwar habe ich in der Zwischenzeit immer mal wieder was weggeworfen und versuche, nicht mehr ganz so viel zu horten, aber ein bisschen Kram um mich rum, gibt mir ein gutes Gefühl. Zusammengewürfelte Erinnerungen in der Kiste da oben auf dem Regal, zeigt mir im Zweifelsfall genauso, wer ich bin wie alte Fotoalben und das schöne Briefpapier, das ich viel zu selten benutze.
- Meine Pflanzen und der Balkon. Auf eine Badewanne könnte ich mittlerweile gut verzichten, aber die nächste Wohnung muss unbedingt wieder einen Balkon haben. Wenn ich genau überlege, habe ich noch nie ohne gewohnt und ich hab’s auch nicht vor. Ich brauche diese Verbindung nach draußen, die Erfolge und Misserfolge im Kleingärtnern und Wäsche, die an der frischen Luft trocknet.
- Festnetztelefon. Das macht mich sicher zu einem irgendwie älteren Menschen, aber zu einem Zuhause gehört für mich eine Telefon. Uns zwar eins ohne Apps und mit einer Nummer, über die ich stundenlang reden kann ohne arm zu werden. Die Nummer haben nur Mamas, Papas, Omis und beste Freunde, ich gehe also immer ran.