Nina

Endlich ist sie da! Und ich kann nicht aufhören, sie anzusehen, sie zu küssen und ihr zu sagen, wie schön das ist. Meine Tochter, unsere Tochter, so sieht sie also aus, so riecht sie also und so schaut sie mich also mit ihren großen Augen an, wenn die mal offen sind, so nämlich als wolle sie mich hypnotisieren. Fast zwei Wochen ist es jetzt schon her, dass sie an einem Donnerstag Abend geboren wurde, schon 36 Stunden vorher war – relativ unaufregend – die Fruchtblase geplatzt. Die Zeit dazwischen war vor allem Warten – auf Wehen, darauf, dass es so richtig los geht, warten auf Nina. Sie hatte es nicht eilig, ließ uns unzählige Runden durch den Krankenhausgarten ziehen und beschloss dann, quasi als großes Finale, in nur drei Stunden auf die Welt zu eilen. Meine Tochter, die Drama Queen! Ich erhole mich immer noch von dieser langwierigen Turbogeburt, ich hatte unterschätzt, wie kaputt (im wahrsten Sinn) ich danach sein würde. Der Mann sagt, kein Wunder, so eine Geburt sei zu vergleichen mit der Besteigung des Mount Everest und auch, dass jeder Mann gestorben wäre unter solchen Schmerzen. Wahrscheinlich gibt es schon Krankheiten oder Wunden, die ähnlich weh tun, ich will das niemandem, auch keinem Mann, absprechen. Aber heftig war es, mit kaum etwas zu vergleichen und so als krampfte sich der ganze Körper permanent zusammen. Am Ende bin ich sehr froh, dass es nur drei Stunden gedauert hat anstatt zehn. Aber im Nachhinein sind die Schmerzen und der halbe Liter verlorenes Blut auch egal, weil vorbei, und ich bin einfach nur froh und dankbar, dass alles gut lief, dass sie gesund zur Welt kam und mich direkt danach mit ihren dunkelblauen Augen angesehen hat. Und dass sie nicht erschrocken ist, als ich die Sauerstoffmaske übergezogen bekam, weil ich das normale Atmen kurz verlernt hatte. Ach, so dramatisch es war, so schön war es auch, nichts, was man jeden Tag machen möchte, aber auch nichts, worauf ich gerne verzichtet hätte, vor allem nicht mit dem besten Mann der Welt an meiner Seite, der immer noch behauptet, ich hätte ihm nicht die Hände zerquetscht und der eine Karriere als Geburtsbegleiter ernsthaft in Erwägung ziehen sollte.

22.10.2015Endlich ist sie da. N. A. K. – benannt nach einem Lieblingsalbum vom Mann und mir, besser gesagt dessen Sängerin, plus der ersten Frau, die alleine über den Atlantik flog plus meinem lieben Opa, auf dessen Beerdigung sie im Sommer im Bauch mitgeweint hat. Musik, Abenteuer, Familie. Sie kann sich ja später den Namen aussuchen, der ihr am besten gefällt und den Rest als fetzige Initialen benutzen, so denken wir uns das. Die Pläne für die Zukunft beinhalten darüber hinaus eine Karriere als Dirigentin, weil sie im Schlaf immer wieder dramatisch die Arme weit ausstreckt als hätte sie ein großes Orchester vor sich. Und viel Verwöhnung, das ist jetzt schon klar, diese Niedlichkeit, oh Gott, wie werde ich da jemals streng sein können?!

Endlich ist sie da! Das Krankenhaus liegt hinter uns, sie hat schon Omas und Onkel und Tanten und eine Uroma kennengelernt, zuhause steht alles voller Blumen, täglich kommen Geschenke an und wir grooven uns langsam ein in unserem neuen Alltag. Alles ist wie immer und doch ganz anders. Die Tage vergehen rasend schnell, verplant durch den neuen Essen-Wickeln-Schlafen-Rythmus, nebenbei schaue ich immer noch Serien und unsere Abenteuer bestehen aus einem Ausflug zum dm heute und hoffentlich einem Richtung Lieblingspark morgen. Die Herbstsonne scheint schonmal los. Ich habe ein Riesenschwein. Und jetzt auch eine Tochter.

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