Little by LittleNeulich war ich beim Sprechtraining, einer meiner aktuellen Lieblingstermine. Denn die nette Trainerin ist nicht nur ausgebildete Logopädin, sondern versteht auch etwas vom Menschen durchschauen, mich zumindest. Und sie hat sofort, schon in der ersten Stunde, gemerkt, wo das Problem liegt: Ich bin druff. Mein Kiefer ist verspannt, meine Schultern dauerhochgezogen und mein Nacken ein einziger Stein. Dadurch klingt meine Stimme manchmal unnötig aufgeregt und gepresst, meine Stimme ist im Kopf statt im Bauch und Pausen mache ich beim Sprechen sowieso nur, wenn ich keine Luft mehr kriege. Nun ist es das Ziel als Radiomoderatorin so angenehm wie möglich zu klingen und dieses “druff sein” steht mir dabei ab und zu im Weg. Wie lösen wir also all diese Spannungen? Mit Achtsamkeitsübungen, sagt sie. Die Stimme spüren, die Muskeln entspannen, die Hände auf die Schultern legen, den Kiefer nach unten fallen lassen und auf alles ganz genau achten.

Ich hab mich sofort an diese App erinnert, die ich mir vor einem Jahr ungefähr runtergeladen und dann genau zweimal benutzt habe. Headspace heißt die und sie hilft beim Meditieren. Drei Minuten pro Tag, einfach nur sitzen und atmen und achtsam sein. Ich erinnere mich, wie  sie runtergeladen hab, weil ich so dauerangespannt war und mir da die richtigen Sachen versprochen wurden: bessere Konzentration, weniger Sorgenmachen, weniger Stress. Und ich erinnere mich, wie total verrückt ich es fand, dass ich nach den drei Minuten so viel ruhiger war als davor und meine Muskeln entspannter, wirklich merklich. Ich bin sonst nicht so, wirklich nicht, Homöopathie finde ich zum Beispiel Quatsch und Yoga mache ich, weil es Sport ist, irgendwie. Aber dieses Achtsamkeitsding, da ist was dran. Und dann habe ich die App ein Jahr lang nicht benutzt. So ist das eben.

Hätte ich sie mal benutzt, dann müsste mir die Sprechtrainerin jetzt nicht zeigen, wie ich meinen Kiefer entspanne und die Zunge locker lasse. Es fühlt sich an wie damals. Verrückt, wie viel es ausmacht, einfach mal zu fühlen, wie meine linke Hand auf meiner rechten Schulter liegt, wie es warm wird und die Schulter dann automatisch ein Stückchen nach unten sackt, in ihre normale Position. Die Sprechtrainerin und ich machen alle Übungen, als wären wir das Spiegelbild des Anderen und weil sie so gut ist, komme ich mir kein bisschen doof dabei vor. Ich lasse den Kiefer sacken und sage dabei “Naaaa gut” und “Ooookay” und “Jaaaaa”. Es sieht so lächerlich aus und es fühlt sich so gut an. Ungewohnt auch, denn nach einigen Durchgängen soll ich einen Text vorlesen, irgendwas aus den Nachrichten. Mein Eindruck: viel zu leise, viel zu dünn, nicht gut. Ihr Eindruck: perfekt. Es ist wie jahrelang krumm zu laufen und plötzlich eingerenkt zu werden, das fühle sich dann auch erstmal schief an. Jetzt müsse ich aber weiter üben und zwar öfter als einmal im Jahr. Na gut, okay, jaaaaaa.

 

Comments

comments

// Comments Off on Achtsamkeit