Wenn ich an Migräne denke, denke ich an meine Tante. Die hatte früher öfter Migräne. Und auch wenn sie gerade keine hatte, zog sie ein freudloses Gesicht, so als würde ihr immer noch alles wehtun. Oder so als würde diese Migräne ihr alle Freude nehmen, auch wenn gerade nichts weh tut. Manchmal dachte ich auch, es könnte umgekehrt sein – dass sie ihren Kopf immer so freudlos verkrampft, dass dem am Ende nichts anderes übrig blieb als schlimme Kopfschmerzen zu entwickeln.
Heute ist mir klar: Letzteres ist großer Quatsch. Weil ich nun selbst zwei Tage im Monat mit Schlafmaske im Bett liege, Tabletten in mich reinstopfe und hoffe, dass es bitte bald zuende gehen möge. So eine Migräne vereint ja die unschönsten Dinge: hämmernde Kopfschmerzen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit. Heraus kommt unglaubliche Nutzlosigkeit und Dahindämmerung. Wer mit einer Migräne zuhause bleibt (im Durchschnitt jeder achte Deutsche), der kann weder fernsehen noch lesen noch irgendetwas angenehm kränkliches tun. Alles ist zuviel, nichts geht mehr. Als würde sich der Körper selbst betäuben und auf Stand-by stellen.
Auslöser gibt es viele: Wetterumschwung, Hormone, Alkohol und so absurde Dinge wie Käse. Grund gibt es leider nur einen: Wissenschaftler gehen davon aus, dass Migräne vererbt wird. Das Schlechte daran: Man kann nicht so richtig gesund werden, die Krankheit ist im Körper drin. Das Gute: Man kann seine Familie für das Elend verantwortlich machen, ich in meinem Fall oben genannte Tante. Viel besser macht es das allerdings auch nicht.